Wanderung auf den kleinen Gleichberg

Es war ein wunderschöner sonniger Herbsttag,

der nach den trüben tristen Regentagen zuvorgeradezu danach verlangte, sich eine Jacke überzuwerfen und eine ordentliche Portion frische Luft zu schnappen.

Die Gleichberge leuchteten vom gelben Herbstlaub und darüber spannte sich ein strahlend
blauer Himmel, durch den ein paar kleinen Schäfchenwolken zogen. Was gibt es schöneres, als bei
diesem Wetter auf den kleinen Gleichberg zu wandern!

Obendrein war es Sonntag, also packt man am besten gleich die ganze Familie ein. Oder die, deren
Familien gerade unendlich weit weg sind.. der Gedanke war kaum ausgesprochen, da hatten sich auch
schon einige Römhilder (und Irmelshäuser -> es war wirklich ein sehr internationaler Ausflug ;) )
gefunden, die zur Gemeinschaftsunterkunft (GU) gefahren sind und so viele von den Jungs eingeladen
haben, bis alle Plätze in den Autos besetzt waren. Am Wochenende haben die Flüchtlinge „frei“, das
heißt keinen Deutschunterricht, da klappen solche spontanen Aktionen immer gut.

Nun hat sich unsere kleine Kolonne also Richtung Gleichberge aufgemacht und ab Waldhaus ging es
dann zu Fuß weiter. Vorher haben wir natürlich sichergestellt, dass die Männer ihre heißgeliebten
Flipflops und Sandalen gegen festes Schuhwerk ausgetauscht haben. Wir gingen den Aufstieg
gemütlich an und das raschelnde Laub unter den Füßen und die Sonnenstrahlen, die durch das gelbe
Blätterdach fielen, taten allen sichtlich gut (den Afghanen und auch den Deutschen).

An den Tafeln machten wir kurze Stopps und lernten einiges über die Kelten, wobei manche der
Männer aus der Museumsnacht im Steinsburgmuseum schon mehr darüber wussten, als so unsereins.
Die Übersetzung verlief, wie immer, über abenteuerliche Wege: von Deutsch auf Englisch, von Englisch
auf Dari und von Dari auf Paschto. Bis die Info also beim Letzten in der Reihe angekommen war,
standen die Ersten quasi schon vor der nächsten Tafel. Aber mit Händen und Füßen kann man die
meisten Dinge sowieso viel anschaulicher und vor allem (wenn auch unbeabsichtigt) sehr unterhaltsam
erklären, sodass immer wieder Gelächter durch den Wald schallte.

Und doch schien der ein oder andere etwas bedrückt.. etwas stiller als sonst und nachdenklich. „Ich
habe keine guten Erinnerungen ans Laufen“ sagt uns Abdullah, „wir sind manchmal 14 Stunden am Tag
gelaufen…“. Es sind die persönlichen Geschichten, die einen mitnehmen und begreifen lassen, dass die
Menschen, die wir einfach nur als „Flüchtlinge“ kennen, Familienväter sind oder Fußballer, Maurer,
Studenten, Künstler, Bauern, Polizisten, Köche oder Kfz-Mechaniker. Ja sogar ein afghanischer Popstar
ist hier bei uns in Römhild gelandet. Das hätten wir uns auch nie träumen lassen! Und er es sich
wahrscheinlich noch weniger.

Wir sind am Gipfel angekommen und genießen die Aussicht. Es werden Fotos gemacht und Salzstangen
gesnackt. Isa und Salimshah, die beiden Architekten, stehen zwischen den Mauern der Kapelle und
fachsimpeln auf Persisch. Es weht ein leichter Wind und die Sicht ist gut, man kann bis tief in die Rhön
schauen. „Hier drüben ist Haina, dort Milz, da Mendhausen, weiter hinten Irmelshausen.. das ist schon
in Bayern, da konnte man früher nicht hin, wegen der Grenze“ – wir ernten fragende Blicke und geben
eine kurze Einführung in die deutsche Geschichte. Bei der Idylle auf die wir blicken, ist es wirklich kaum
zu glauben, dass das vor nicht allzu langer Zeit zwei Länder waren - getrennt durch eine
unüberwindbare Grenze. Auch die Gedanken von uns Deutschen schweifen ein wenig ab.

„Ok, wer macht ein Gruppenfoto?“ Einmal lächeln und dann machen wir uns wieder an den Abstieg.
Zurück an der GU steigen die Männer aus und bedanken sich für den schönen Nachmittag. Und auch
wir sind der Meinung, dass dieser Ausflug gerne wiederholt werden kann: „Das nächste Mal müsst ihr
aber Handschuhe anziehen, dann gehen wir Schlitten fahren!“

K.T.